Von Dali nach Kunming: Abschluss - Mit Fahrrad zwischen den Welten - CycleBlaze

February 19, 2008

Von Dali nach Kunming: Abschluss

Dunkelschwarze Wolken, eisige Kaelte, Gegenwind: Das sind die Bedingungen, als wir den letzten Versuch starten, doch noch in China ueber Land Fahrrad zu fahren. Ich nehme es voraus: Unser Versuch ist gescheitert.

Wir kommen nach Xiaguan und suchen die weiterfuehrende Strasse in Richtung Kunming. Wie wir gehoert haben, gibt es eine alte und eine neue Strasse. Die neue soll eine Autobahn sein, wo radeln verboten sein soll. Wir brauchen also die alte Landstrasse.

Eine brauchbare Karte oder einen Stadtplan haben wir nicht. Die erhaeltlichen chinesischen Landkarten haben keine Massstabangaben, aber sie sind etwa so, als ob ich beispielsweise von Stuttgart nach Muenchen radeln wollte, und ich eine Karte haette, an der ausser diesen zwei Staedten nur noch Augsburg und die Autobahnen zu sehen waeren. Na dann radel mal schoen!

Wir fragen also nach dem Weg. Wir fragen Passanten, Taxifahrer, in Rezeptionen mehrerer grosser Hotels, wobei wir niemanden finden, der auch nur ein einziges Wort ausser Chinesisch versteht. Suzanne kratzt alle ihren Kenntnisse zusammen, so erfahren wir, dass... Wir werden von einem Ende der Stadt zum anderen geschickt, und das mehrmals. Ich komme mir ziemlich bescheuert vor, da ich nicht mal aus einer Stadt hinaus finde, aber es gibt kein Hinweisschild, und jeder, den wir nach dem Weg fragen, erzaehlt was anderes. Dann faengt es auch noch an zu regnen. Jetzt reicht's! Schluss! Wir nehmen den Bus!

Aber wo ist die Busstation? Und dann faengt die alte Geschichte von vorne an: Sie ist links, sie ist rechts. Langsamm sind alle Richtungen der Windrose durch. Dann faellt Suzanne doch noch ein, wo sie vor einer Woche viele Busse gesehen hat. Wir sind gerettet, das ist tatsaechlich der Busbahnhof, den wir suchen. Bald sind die Raeder verladen, es geht los!

Der Bus nimmt die neue Strasse. Es ist eine Autobahn, Fahrrad zu fahren ist hier tatsaechlich verboten. Wir sind kaum zehn Kilometer gefahren, als der Motor anfaengt zu stottern. Wir werden immer langsamer, bis wir auf der Autobahn in einer Kurve stehen bleiben. Erst passiert gar nichts. Dann versucht der Fahrer einige Male wieder zu starten, ohne Ergebnis. Dann holt er die Werkzeugkiste und macht sich ran, den Motor zu zerlegen. Zwei der Passagiere helfen ihm dabei. Und was ich nicht geglaubt haette: Nach etwa zweieinhalb Stunden laeuft der Motor wieder.

Es ist schon abend, als wir in Kunming ankommen. Der erste Eindruck: Die Stadt ist ein wuchernder, chaotischer Ort mit stockendem, draengelndem, hupendem Verkehr, ineinander schlaengelnden Hochstrassen, Baustellen, nach der Ruhe von Jinghong und Dali fuer mich nicht besonders sympathisch.

Endstation ist in Bahnhofsnaehe. Wir finden gleich ein Hotel, wo wir nach Ueberwinden der voelligen Sprachlosigkeit ein Zimmer bekommen.

Wir wollen an der Hauptstrasse von Kunming, am Beijing Lu essen gehen. Dabei werden wir von Horden von bettelnden Kinder ueberfallen. Keiner ist aelter als zehn. Sie haben eine besonders perfide Methode, die ich noch niergendwo gesehen habe: Die klammern sich an den Beinen der Passanten fest und lassen sich fallen. So wirken sie als Fussfessel. Ich wuerde diesen von Dreck starrenden kleinen Monstern am liebsten in den Hintern treten, aber ich denke, irgendwo in der Naehe lauert deren Besitzer, der nicht erlauben wuerde, dass ich seine Geldmaschinen beschaedige. Uebrigens die Polizisten stehen dabei und schauen zu.

*

Heute frueh war in unserem Zimmer 13 Grad. Wir husten wieder. Draussen ist bitter kalt, grau und es nieselt. Nein, es ist kein Genuss in dieser Stadt des angeblichen ewigen Fruehlings die klammen Finger an dem Schuessel der morgendlichen Nudelsuppe zu waermen. Wir wollten bis 7. Maerz hier bleiben, aber es bedarf keine halbe Stunde, bis unser Beschluss steht: Bevor wir hier erfrieren, fliegen wir morgen zurueck in das hoffentlich warme Bangkok. Radeln wollen wir auch nicht mehr. In den restlichen zweiundhalb Wochen werden wir uns in einem warmen Gegend verwoehnen lassen.

Damit ist unsere Radreise hiermit beendet. Es war sehr erlebnissreich, sicher meistens schoen, und ich moechte es insgesammt schon jetzt als sehr gelungen bezeichnen. Trotzdem: Ich waere gern mehr geradelt, wenn es moeglich gewesen waere.

PS. Da wir fuer die Strecke Dali - Kunming auch im Internet keine Auskuenfte gefunden haben, moechte ich die wenigen Informationen, die wir jetzt haben, hier mitteilen:

Fahrrad zu fahren ist nur auf der alten Strasse erlaubt. Sie ist etwa 380 Kilometer lang, durchgehend asphaltiert. Es ist eine landschaftlich schoene, aber ausgesprochen bergige Gegend. Die alte Strasse versucht in den Taelern zu bleiben, aber einige Paesse kann sie nicht vermeiden.

Uebernachtungsmoeglichkeiten einfacher Art sollen "ueberall und in ausreichender Anzahl" vorhanden sein. Was das konkret bedeutet, haben wir nicht praezisieren koennen.

Auch diese Angaben gebe ich nur mit Vorbehalt weiter.

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