January 7, 2008
In Phnom Penh: Die Stadt der Widersprueche
Wir sind seit drei Tagen in Phnom Penh. Da wir morgen weiterfahren wollen, waere es Zeit, meine Eindruecke zusammenzufassen. Ich habe damit grosse Schwierigkeiten.
Phnom Phen ist eine angenehme Stadt. Sie hat mit etwa anderthalb Millionen Einwohnern die richtige Groesse, um einerseits vieles zu bieten, was eine Grossstadt bietet, andererseits bleibt es ueberschaubar klein, um schnell mit dem Tuktuk von Nord nach Sued, oder von Ost nach West zu kommen. Es gibt einige Parkanlagen, die zum Verweilen einladen. Man findet Stadtteile, wo viele alte Villen und Palaeste aus der Kolonialzeit stehen; viele von denen ist schon bestens renoviert. Der Verkehr ist chaotisch, aber nicht so wild und schnell, wie in Bangkok. Ich denke, als Radler bin ich hier besser aufgehoben. Gute Cafes und Restaurants laden den mueden Besucher zu genussvollen Pausen ein, und das fuer einen sehr angenehmen Preis.
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Unmittelbar neben dem Haupttempel von Kambodscha, dem Wat Ounalom, leben Menschen auf der Strasse, viele im Muell. Es geht mir einfach zu schnell, innerhalb von zweihundert Metern die erste und die dritte Welt vorzufinden.
Unser Gasthaus steht gegenueber dem Nationalmuseum. Das Museumgebaeude wurde 1920 in idealisiertem Khmer-Stil erbaut, ein wahrhaftig attraktiver, gut gelungener Bau. Die Ausstellung besteht etwa 80 % aus kleinen bronzernen und grossen steinernen Statuen aus dem 4. bis 12. Jahrhundert. Manche der Herrscherfiguren oder Buddha-Darstellungen haben erstaunlich individuellen Gesichtausdruck, was mich richtig erstaunt und begeistert. Kambodscha und Phnom Penh kann mit recht stolz sein auf eine solche kulturelle Vergangenheit.
Gegenueber dem Museum, praktisch im Vorgarten, steht eine oeffentliche Toilette, ein Pissoire. In diesem Rundbau wohnt eine Familie, Vater, Mutter, viele Kinder, die froehlich auf der Strasse herumhueppfen.
Wir besuchen die Hauptsehenswuerdigkeit der Stadt, die Silber-Pagoda. Es ist eine der wenigen religioesen Einrichtungen, die von der Barbarei des Roten Khmers verschont geblieben ist, ja sogar gepflegt wurde als Beweis, dass sie die Landeskultur erhalten wollen. Der Tempel wurde 1892 fertiggestellt und es wurde so ziemlich alles versucht, den Bau so teuer zu machen, wie es nur moeglich war: Marmor aus Italien, Kristallglas aus Frankreich, und jede Menge Gold. Es gibt hier eine ganze Reihe von Goldfiguren. Das wichtigste ist der Goldene Buddha, bestehend aus 90 kg gold und 9584 Diamanten, - ich habe nicht nachgezaehlt - der groesste mit 25 Karat. Der Name "Silberpagoda" kommt von dem Umstand, dass der Boden mit mit Silber gefliest ist. Es sind ueber 5000 Platten, je Stueck ein Kilogramm. Die Besucher laufen nicht auf den Fliesen, sondern auf ausgelegten Teppichen.
Uebrigens viele der Fliesen wackeln. Die hat man mit braunen Packklebestreifen festgemacht.
Der Pagodabereich ist mit einer Art grossem rechteckigen Kreuzgang umrahmt. Die Waende dort sind mit alten mythologischen Geschichten bemalt. Jetzt hat man die Decke in diesen Gaengen neu getuencht und dabei so mit der Farbe herumgespritzt, das manche der alten Bilder kaum mehr zu erkennen sind.
Wat Phnom steht auf einem Huegel, auf dem einzigen in der Stadt. Heute ist Feiertag, Tag der Befreiung vom Terror, so sind sehr viele Besucher da, die fuer neue oder fuer erfuehlte Wuensche Opfergaben bringen: Obstschalen, Lotusblueten, Hyazinthen, Rauchkerzen und viel, viel Geld. Im hinteren Teil des Raumes spielt eine Musikergruppe, die meisten der Musiker sind, wie haeufig in diesem leidgeprueften Land, Beinamputierte. Die Enge, die laute Musik, der schwere duftende Rauch und das Beten der Menschen vermischt sich zu einer mystischen, fast uebersinnlichen Stimmung. Ich ertappe mich, dass auch ich Gott bitte - welchen auch immer - mich von meinen gesundheitlichen Schwaechen zu befreien.
Wir besuchen das Tuol Sleng Museum. Museum im eigentlichen Sinne ist es nicht, es ist das ehemalige Gefaengnissgebaeude, wo unter der kommunistischen Schreckensherrschaft viele vermeintliche Gegner bestialisch zum Tode gefoltert wurden. Es ist ein Ort von schrecklicher Einfachheit, eine einfache Schule, die zweckentfremdet wurde. Vielleicht waren diese Sadisten auch noch stolz auf ihre Taten, jedenfalls haben sie die Ergebnisse fotografisch festgehalten auf Bildern, die man kaum anschauen kann. Es waren uebrigens Maenner, Frauen, Kinder, Alte und Junge, Einheimische und Auslaender, alle wurden zum Wohle des Volkes hingemordet. Und im Hof bluehen heute wie damals die Baeume.
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